Zum Schluss die Premiere
Im "Ferienlager 05" führt die freie Theatergruppe "Drama Köln" ihre Stücke auf einem Hoteldach vor. Dort wird Improvisation zum Prinzip: Eines der Werke wird erst mit den Aufführungen entstehen
VON OLIVER MINCK
Eine laue Sommerbrise weht über das Hoteldach. Aus weiter Ferne grummelt das Rauschen der Straßen, flackern die Lichter der Metropole. Beim "Ferienlager 05", das vom 22. Juli bis zum 12. Juli auf dem Dach des Kölner Crowne Plaza Hotels stattfindet, stehen ambitioniertes Schauspiel und eine entspannte Atmosphäre in keinerlei Widerspruch. Nach dem Erfolg des restlos ausverkauften "Ferienlagers 04" im letzten Jahr bringen die Macher der Kölner Theatergruppe "Drama Köln" auch in diesem Sommer ein sattes Programm auf die Open-Air-Bühne über den Dächern der Stadt. Zwei Uraufführungen stehen auf der Agenda, Gastspiele aus Berlin, Köln und München, sowie Partys und Lesungen.
Während allerorten die Bedeutungslosigkeit des Kölner Schauspiels beklagt wird, werden bei "Drama Köln" seit einiger Zeit nicht ganz neue, aber zumindest außergewöhnliche Wege beschritten. Regisseur Malte Jelden, einer der Gründer von "Drama Köln": "Wir glauben begriffen zu haben, dass Theater mehr leisten muss, als einfach auf einer Bühne stattzufinden. Deshalb versuchen wir immer einen Rahmen zu schaffen, der mindesten genauso attraktiv ist, wie das, was dann als Theaterstück zu sehen ist."
Bei einem anderen Projekt von "Drama Köln", der "Temporären Theatralen Zone" im Frühjahr, wurden beispielsweise im Wochentakt leer stehende Kölner Objekte vom Fitnesscenter bis zum Bürogebäude bespielt. Wobei die Aufführungsorte immer erst kurz vor Vorstellungsbeginn bekannt gegeben wurden. "Wir wollen die Räume verschwinden lassen", so Jelden. "Zwischen Publikum und Schauspielern soll keine scharfe Trennung vollzogen werden. Die Leute sollen schon vor der Aufführung kommen und hinterher bleiben und mit uns reden. Unser Publikum ist schon ein Party- und Musikpublikum. Und unser Ziel ist, dass die einen Berührungspunkt zum Theater bekommen."
Jelden hat nichts gegen Theater im klassischen Sinne und geht gerne mal ins Schauspielhaus. Allerdings sei bei den großen Bühnen der öffentliche Druck sehr groß geworden, schließlich ginge es dort um immense Geldsummen: "Die Leute haben viel zu viel Angst um ihre Jobs, um ihre Subventionen. Deshalb sind sie so mutlos geworden. Da ist ein Arbeiten in der Freien Szene natürlich leichter."
An Mut mangelt es "Drama Köln" gewiss nicht. Der geht bisweilen sogar soweit, dass das Ensemble einen Text einstudiert, der wenige Tage vor der Ferienlager-Premiere am 22. Juli noch nicht einmal fertig geschrieben ist: "Das Haus in Köln" von David Gieselmann spielt in der Immobilienbranche und handelt passender Weise vom "Vergnügen einen Betrüger zu betrügen". Dass der Text für ein zweites Stück bei seiner Erstaufführung am 26. Juni noch nicht fertig gestellt sein wird, ist hingegen beabsichtigt. Die Autorin Nora Mansmann will ihr Stück (Arbeitstitel: "Bonnie & Clyde" beziehungsweise "Wild in Luxemburg") während der Vorstellungen umschreiben, fünf Mal insgesamt; dazwischen wird neu geprobt, und erst bei der sechsten und letzten Vorstellung am 6. August handelt es sich dann um die tatsächliche Premiere.
"Work In Progress" als künstlerisches Grundprinzip? "Bei uns ist das eher eine Mischung aus Not und Tugend", gibt Jelden zu. "Bei der Temporären Theatralen Zone haben wir es ins Extrem getrieben. Ich könnte mir vorstellen, dass das im nächsten Jahr nicht mehr zu unserem Grundprinzip gehört. Man muss sich ja immer wieder neu erfinden."
22. Juli bis 12. August, täglich ab 20 Uhr auf dem Dach des Crowne Plaza-Hotel am Rudolfplatz, Köln Kartenvorverkauf täglich ab 17 Uhr in der Hotellobby Reservierungen: 0221-27 20 00 7 www.ferienlager-05.de
taz NRW Nr. 7722 vom 22.7.2005, Seite 4, 125 Zeilen (TAZ-Bericht), OLIVER MINCK
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