|
Novalis auf Rap
Der Poetry Jockey Rayl Patzak
Von Daniela Mayer
Rayl Patzak ist der Poet der Clubs und der DJ der Literatur. Als einziger Poetry Jockey der Welt bringt der 34-jährige Münchner Lyrik auf den Plattenteller und Poesie auf die Tanzfläche. In Clubs, auf Literatur- und Theaterfestivals, für Partygänger und Lyrikfans. Er mixt Novalis auf Rap, T.S. Elliot auf Samba, Shakespeare auf Elektro und macht so Gedichte tanzbar! Daniela Mayer hat mit dem Poeten einen Abend über den Dächern von Köln verbracht. Und ihm allein das Wort überlassen.
Ich mixe Gedichte, ich scratche Gedichte, ich cutte Gedichte in Beats.
Ich arbeite mit jeder Form von lyrischem Wort. Ich arbeite mit Pumuckel-Gedichten, ich arbeite mit Heinz Erhardt Gedichten, ich arbeite mit Rilke Gedichten, ich arbeite mit TS Elliot Gedichten, ich arbeite mit japanischen Haikus, ich arbeite sehr sehr gerne mit Barockgedichten, ich arbeite sehr gerne mit konträren Dingen. Ich versuche entweder Dinge zusammen zu bringen, die harmonieren, oder dann genau das Gegenteil, todernste Gedichte auf ungeheuer lustige Musik zu legen.
Bin ein wilder Junge. Ich hasse alles Spießbürgerliche an der Poesie, ich hasse jegliche Kulturbeflissenheit, für mich ist Poesie wildes Kraut. Und ich genieße es, dieses wilde Kraut zu essen.
Ein DJ, der mit Gedichten ausschließlich arbeitet, ist halt verrückt, denk ich mal.
Begonnen hab ich damit, Poesieshows, also verschiedene Formen, von Poetry Entertainment Shows, auch Poetry Show Slams, also Slams mit internationalen Poeten für Clubs zu veranstalten.
So der Substanz in München war der erste Club, wo wir auch noch heute, seit zehn Jahren unser größtes Event haben, eben den original Substanz Poetry Slam, der bis heute noch ausverkauft ist übrigens, das waren die ersten Jahre.
Ungefähr vor sechs Jahren hatte ich die Idee, dass es doch ein originelles Gimmick wäre, wenn es ein DJ gibt, der nur Gedichte in Musik mixt und zwar so, dass die Leute das Tanzen können.
In der Lyrik und Literaturwelt wurde irgendwie bekannt, da gibt's nen DJ, der ist ideal für unser Festival um erstens junge Leute ran zu ziehen und um ne originelle Abschluss- oder Startparty zu inszenieren.
Dann ging's rüber in die Musikwelt, dann kamen Clubs.
Mittlerweile ist es ganz Europa und USA, Skandinavien sehr viel, Schweden, natürlich Rest-Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien.
Ich denke halt, es ist eine Herangehensweise an Gedichte, an lyrisches, gesprochenes Wort, das der eigentlichen Herkunft sehr nahe kommt. Die Lyrik hat Rhythmus, die Lyrik ist was sehr gefühlvolles, in Verbindung mit Musik ist das Ganze spannend und noch spannender ist eben, wenn man so was tanzen kann
Es gibt drei verschiedene Wege wie ich arbeite. Erstens, ich spiele fertige Platten, ich bin eben ein riesiger Sammler von Poesie-Musik-Produktionen. Aller Arten.
Dann der zweite Weg ist Mixstoff. Ich hab reine Sprechplatten und reine Beatplatten.
Und die dritte Stufe, die dann kommt ist die Arbeit mit Dichtern. Also mit live.
Wer sich das Ganze jetzt anhört im Radio und denkt, und ich benutze das Wort jetzt sehr bewusst ..., weil's einer meiner größten Hassbegriffe ist, das ist so eine Kunstscheiße, die man eigentlich nicht gerade lange hören kann. Ich versuche genau so zu arbeiten, wie jeder normale DJ. Ich versuche Stimmungen her zu stellen und versuche das was ich mache zu was Coolem zu machen.
Ich produziere coole Tracks. Das muss irgendwie schnipsen. Das darf nicht anstrengend sein, das darf auch nicht zu simple sein, das muss irgendwie was haben. Und ich glaube diese was, kann man auch nicht beschreiben.
Poesie ist für mich das Gefühl eine Straße entlang zu gehen und nicht zu wissen, was ich dabei gerade tue. Wenn man das tun kann, kann man Gedichte hören oder lesen. Wenn man das nicht kann, sollte man es lassen.
Den vollständigen Beitrag mit Musik können Sie hier als Audio hören:
|