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THEATERSOMMERTHEATER

Wer ein ganzes Jahr derart kunstwillig am Puls der Zeit gehorcht hat wie die hiesigen Theater, hatte sich seine Strandpause redlich verdient. Zeit also für die Sommerbespielungen, deren Schwankungsbreite von Kalorienbombe bis Diäthäppchen reichte.

„Lady Salsa“ hieß das Musical im Schauspielhaus, das das klassische Aufsteigermärchen der kubanischen Grand Dame de Salsa mit 500 Jahre Insel- und Musikgeschichte verquickt. Das war alles gut klischeehaltig verpackt inklusive erotischer Duftnoten, linker Kuschelkritik und ClubMed-Animation - aber mit einer bewegenden Trinidad Rolando Portocarero, hervorragenden Tänzern und der rhythmisch-bissigen Band „Azucar“.
Gleiches galt auch für das südafrikanische Musical „African Footprint“ in der Kölner Oper. Auch hier wurden Musik-, Landes-, sogar Menschheitsgeschichte verquickt, der Bogen von der Gewinnung des Feuers bis zu den Townships des 20. Jahrhunderts gespannt. Und auch hier verband sich political correctness und Animation schließlich mit hoch professioneller Darbietung. Kein Aldi-Theater also, sondern Unterhaltung auf gutem Niveau.
Harte Kost bot dagegen die Dramatisierung von Christine Angots Skandalroman „Inzest“ in der Orangerie, der seinerzeit wegen seiner schonungsloser Darstellung von sexuellem Missbrauch und der lesbischen Liebe der Ich- Erzählerin für Wirbel sorgte. Der Journalist Thomas Linden und die Schauspielerin Heidrun Grote haben eine szenische Fassung erarbeitet, die das Skandalon auf einen beiläufigen Ton herunterkühlt. Das gelang nur halb, blieb doch Heidrun Grotes Spiel am Tisch trotz enger Tuchfühlung zu den Zuschauern allzu statisch, der Monolog letztlich in seiner Ansprache zu ungerichtet und undifferenziert. Geradezu an die Zuschauerbrust warf sich dagegen im ARTheater die Produktion „Buckstar“; eine Geschichte um einen alternden Schauspieler und die Anforderungen einer gar nicht schleichenden Werbung.
Ob’s darum wirklich ging in diesem Nieselregen der Einfälle, wer weiß. Immerhin wurde ein Regisseur bluttriefend erschossen, Mary Poppins warf mit Mutterkuchen, das Publikum wurde beschimpft, grüne Gewissensmännchen tobten - ein pointenprotzendes, szenisches Sammelsurium, dem schnell die Luft ausging.

Auch Drama Köln konnte mit seinem Ferienlager auf dem Dach des Crowne
Plaza Hotels nur bedingt überzeugen.
Nora Mansmanns „Bonny & Clyde“- Stück bleibt weit hinter ihrer preisgekröntes „Terrormum“ zurück. Das konsumistisch präformierte Leben, die luschige Ökoelterngeneration, die mediale Vorprägung jeder Widerstandsgeste wird an einem Protagonistenpärchen durchexerziert - all das ist inzwischen Mainstream, dem konnte auch Malte Jeldens ironisch-verspielte Regie nichts Neues abgewinnen. Als sommertauglich erwies sich eher noch die Uraufführung von David Gieselmanns „Das Haus in Köln“. Eine Art Pop-Boulevard mit absurdem Einschlag, der den Verkauf eines Hochhauses in Köln zum Thema hat. Kaum mehr als ein szenisches petit four, unterhielt der Abend immerhin mit seinen überzeichneten Figuren, seinen aberwitzigen Beschleunigungen und Wiederholungen und absurden Einfällen wie dem epileptischen Handyklingeln. Ein lustvoll hingeworfenes Pasticcio, das viel der Regie von Oliver Krietzsch-Matzura verdankt. Immerhin konnte man so für eine Stunde das beschissene Sommerwetter vergessen.

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

 

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